Oft ärgern wir uns über Hindernisse, die uns im Projektalltag begegnen. Doch häufig sind es gar nicht andere, die uns behindern, sondern wir selber. Nur allzu gerne tappt man in alte Fallgruben, die man schon umgangen glaubte.
Dieser Text wurde am 9. April 2015 bei tinkla.com erstmals publiziert.
Die Geschäftsleitung hat ja wieder nicht begriffen, wo wir mit dem Projekt hinsteuern, und wenn doch nur der Vertrieb endlich so wollte wie wir, dann wäre alles besser. Diese oder ähnliche Gedanken kommen den meisten vermutlich bekannt vor. Bei allem, was uns im Projektalltag gerne mal vorm Licht steht, vergessen wir gerne, dass wir uns dann und wann auch einfach selber sabotieren.
Drei gängige Punkte, die beim Konzipieren und Umsetzen von Massnahmen in der Online-Kommunikation gerne übersehen oder ausgeblendet werden:
Ohne Ziel reist es sich bloss ins Blaue
Nach Eckpfeilern für tragfähige Konzepte gefragt, nennen die meisten Marketing- und Kommunikationsfachleute das Setzen von Zielen an prominenter Stelle. In der eigenen Konzeption liegt die Sache dann häufig nicht mehr so simpel: Gerade wenn es um konkrete und verbindliche Zielvereinbarungen für spezifische Massnahmen geht, ist mir schon der eine oder andere harte Brocken begegnet. Das liegt nicht daran, dass diese Menschen das nicht können – viel mehr sehen sie auf einmal den Wald vor lauter Bäumen nicht oder es hallen schon zu viele immer wieder gehörte Aber-Sätze in ihren Köpfen.
Was hilft: Abstand gewinnen. Alles unnötige wegschaffen. Und ja, oft genug: Eine aussenstehende Person, die die richtigen Fragen stellt – zum Beispiel nach der strategischen Einbettung, der Messbarkeit oder – überhaupt! – der Sinnhaftigkeit der angedachten Massnahme. Denn am Ende hilft alles nichts: [tweet_dis]Wie will man sein Ziel erreichen, wenn man nicht weiss, wo es liegt?[/tweet_dis]
Niemand interessiert sich so für mich wie ich
Es ist ein Naturgesetz und niemand ist davor sicher, auch ich nicht (deshalb weiss ich es auch so genau): [tweet_dis]Wir alle überschätzen immer und konstant unsere eigene Bedeutung[/tweet_dis], respektive die Bedeutung dessen, was wir tun. Das heisst nicht, dass es nicht wichtig wäre. Aber es bedeutet, dass der grösste Teil unserer Dialoggruppen nicht ganz so involviert in unser Produkt, unsere Dienstleistung sind wie wir. Und das wiederum führt dazu, dass wir häufig unterschätzen, wie sehr wir uns tatsächlich anstrengen müssen, um deren Aufmerksamkeit zu erhalten.
Da hilft nur radikales Zurückbuchstabieren: Wer sind diese Menschen? Was bewegt sie? Welche Probleme haben sie? Welche Rolle spielen wir darin? Und welche ganz sicher nicht? Und meine persönliche Lieblingsmethode, sowieso: So oft wie möglich aus der eigenen Filterblase rausfallen und unter Leuten mit ganz anderen Themen und Prioritäten sein.
It’s all about the people
A propos Leute: Für die tun wir das alles ja überhaupt erst. Trivial, nicht? Doch wenn wir die Unternehmensbrille auf haben, werden diese Menschen plötzlich zu einer Art Masse. Von da aus ist es nur noch ein kurzer Schritt zu den «Zielgruppen im Internet» oder anderem Marketingsprech und der stiehlt sich dann in unsere Gedanken und noch weiter. Aber diese Zielgruppen im Internet (oder sonst wo), die gibt es in dieser Form ja nicht. Zielgruppen sind die Menschen, die uns auf der Strasse begegnen, uns an der Zugtür im Weg stehen oder uns an der Migros-Kasse vorlassen. Und wo, wenn nicht in den dialogorientierten neuen Medienformen, haben wir jemals die Möglichkeit, ihnen auch als Individuen zu begegnen?
Deshalb: [tweet_dis]Übergeordnete Definitionen – Persona und so weiter – sind super fürs Papier.[/tweet_dis] Wenn es dann aber ans Lebendige geht, sollten wir uns immer erinnern: Diese Stimmen da draussen, die sich über unsere Produkte oder Dienstleistungen freuen oder ärgern, das sind alles Leute wie wir, aus Fleisch und Blut. Erst dann können wir dort ankommen, wo wir hin wollen: Im Leben der Menschen, für die wir arbeiten.
Quelle Animated Gifs: reactiongifs.com
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